Die blaue Fassade thront majestätisch am Boulevard de la Tour-Maubourg. Madame Petrossian, die Hüterin dieses Tempels, führt seit dreißig Jahren Feinschmecker in die zartesten Entdeckungen ein. Rückblickend erinnert sie sich an die Freuden, die Familientreffen am Tisch und daran, alles von ihrer Schwiegermutter Irène gelernt zu haben, liebevoll „Mame“ von ihren Kindern und Enkeln genannt. In der armenischen Kultur ist die Mutter („mayrig“) ein Geschenk. Eine beruhigende, tröstende Figur, die vereint. Zum Muttertag ist dieses Kapitel eher zu genießen als zu erzählen…
So weit man zurückblicken kann, sind Geschichte und Kunst voller Tafelszenen.
Man denkt an Platons Symposion in der Mythologie, an die unzähligen „Abendmahlsdarstellungen“ des letzten Mahls Christi, Fitzgerald lädt uns zu den Festen von Gatsby ein und Claude Monet zeigt den Alltag in seinem Stillleben Le Déjeuner.
In der Familie Petrossian versammelten sich bei Familienmahlzeiten lange Tafeln, sonntags wie auch an Feiertagen.
Mame, die Matriarchin des Clans, empfing kontinuierlich Gäste und sparte keine Mühe. Stunden in der Küche, Vorbereitungen, um einen tadellosen Service zu gewährleisten, einfach um Freude am Empfangen und Teilen zu haben. Auf dem Tisch die emblematischsten Gerichte der armenischen Kultur, eine Mischung aus emotionaler Küche mit kaukasischen und mediterranen Einflüssen.
Mal weißer Fisch, mal Fleisch zum Pilawreis, dann der unverzichtbare Beurek und Koulitchs (ein zylindrischer Hefekuchen mit Korinthen), speziell zu Ostern mit gefärbten Eiern zubereitet. In armenischen Familien zählt das Glück der Kinder, und hinter dieser Erzählung steckt eine Geschichte der Weitergabe, ein Schlüsselelement der Erziehung.
Respekt, Ehre, Solidarität und Ausdauer werden von Generation zu Generation weitergegeben. Auch der Wille, kulinarische Traditionen und Bräuche fortzuführen, mit Rezepten, die von Mutter zu Kind weitergegeben werden.
Viel mehr als eine bloße Feier ist der Muttertag ein Moment, um sich an die Bedeutung der Weitergabe, an Werte bei der Gestaltung unserer Identität und an bedingungslose Liebe zu erinnern, die Eckpfeiler jedes starken und widerstandsfähigen Menschen.
Eine Erinnerung wie ein Versprechen der Morgenröte…
Fotografie: Nicolas Anetson